Wolfgang Mair alias Kowalski
Text: Doris Ahornegger
Fotos: www.kaindl-hoenig.com, tina_takes_a_shot, Siegrid Cain Photography, Privat, motaharamiri.at
Die einzigartige Geschichte des Ex-Fußballprofis, der seinem Herzen folgte, und sein großes Glück in der Kunst fand…
Sein Lebensweg könnte ungewöhnlicher nicht sein, die Welten, in denen er sich bewegt, nicht unterschiedlicher. Auf den ersten Blick zumindest. Mit 16 startet der gebürtige Osttiroler Wolfgang Mair seine Karriere als Fußballprofi, wird drei Mal Meister mit dem FC Tirol, Cup-Sieger mit der Wiener Austria, kickt unter anderem noch für den FC Red Bull Salzburg, SK Austria Klagenfurt und den First Vienna FC 1894 und ist unter Hans Krankl sogar fürs Österreichische Nationalteam im Einsatz. Mit 34 kehrt er dem Sport den Rücken. Um sich fortan voll und ganz seiner großen Leidenschaft zu widmen: der Malerei. Heute lebt und arbeitet der inzwischen 42-Jährige unter dem Pseudonym „Kowalski“ in Salzburg-Leopoldskron. Und malt im Auftrag von Persönlichkeiten, wie Spitzenkoch Roland Trettl oder Fußball-Legende Neymar Jr. – aber in erster Linie für sich selbst. Im großen Interview gibt uns der sympathische Künstler Einblicke in seine (Gedanken-)Welt. Ein sehr persönliches Gespräch über Inspiration, B-Seiten, Selbstkritik und große Träume. Und zwei Welten, die doch mehr gemeinsam haben, als man denkt…
Viele ehemalige Spitzensportler landen nach ihrer aktiven Karriere auf der Trainerbank oder fungieren als Berater. Du aber hast einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Wie ist es dazu gekommen?
Ich habe zwar die alte UEFA-A-Trainerlizenz abgeschlossen, mich aber schon immer mehr für Kunst interessiert. Und auch während meiner aktiven Karriere schon gemalt. Eigentlich wollte ich nach der Matura ja Architektur oder Interieur Design studieren. Doch dann ist mir das mit dem Fußball „passiert“: Ich habe die Chance bekommen, als Jungprofi beim FC Tirol Innsbruck zu beginnen. Und da mir Sport immer irrsinnig viel Spaß gemacht hat, habe ich diese wahrgenommen. Dann hat eins das andere ergeben, und ich war super glücklich, mein Hobby zum Beruf machen zu können. Doch die Kunst hat mich nie losgelassen. Als ich mit 34 Jahren dann aufgehört habe, Fußball zu spielen, war für mich ganz klar, was ich will: Malen.
Was fasziniert dich daran so sehr?
Ich bin der Meinung, Kunst ist eine andere Art der Kommunikation. Wie auch die Musik. Sie spiegelt den Zeitgeist wider. Und das, was uns bewegt. Sie kann brachial sein, oder auch extrem feinfühlig. Kunst hat unheimlich viele Facetten und bereichert mein Leben ungemein.
Du hast dich als Künstler von Anfang an hinter dem Pseudonym „Kowalski“ verborgen. Warum hast du deine Vergangenheit nicht als ‚Sprungbrett‘ genutzt?
Der Spitzname Kowalski stammt noch aus meiner Schulzeit und ist mir bei der Maturareise irgendwie hängen geblieben. Als ich dann die ersten großen Erfolge mit dem FC Tirol gefeiert und einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt habe, hab ich ihn manchmal benutzt, um zum Beispiel anonym einen Tisch zu reservieren. Und als ich später dann mit meiner Kunst an die Öffentlichkeit gegangen bin, hat mir der Name wieder eine gewisse Anonymität gegeben. Ich wollte, dass die Leute meine Bilder unvoreingenommen betrachten, abseits aller Klischees. Und nicht wissen, das hat ein ehemaliger Fußballprofi gemalt.
Im Spitzensport geht nichts ohne Ehrgeiz, hartes Training und beinharte Konsequenz. Als freischaffender Künstler hast du weder fixe Arbeitszeiten noch einen Trainingsplan. War es ein Schritt in eine komplett andere Welt, den du gewagt hast?
Ja und nein. Natürlich erlebe ich jetzt eine Freiheit, die es vorher nicht gab. Doch haben Sport und Kunst auch viele Parallelen. Das beginnt beim geeigneten Manager, ohne den es als junger Sportler oft schwierig ist. In der Kunst ist es die Galerie, die hinter dir stehen muss. Dann war es beim Fußball so, dass ich mit einer guten Leistung beim Spiel bestenfalls ein paar Tausend Leute glücklich heimgeschickt hab. Mit einer schönen Ausstellung ist es ähnlich. Auch wenn’s da noch keine Tausend sind ;-). Und dann geht es um Konsequenz. Die in der Kunst genauso wichtig ist, wie im Sport! Von nix kommt nix. Auch in der Malerei muss man ständig dranbleiben, um sich weiterzuentwickeln.
Apropos. Als Autodidakt hast du dir alles selbst beigebracht und folgst in der Kunst stets deiner Intuition. Du bedienst dich der klassischen Malerei, arbeitest aber genauso mit grafischen Elementen, Holz und Metall. Wie würdest du deinen ganz persönlichen Stil beschreiben?
Am ehesten als eine Mischung aus Pop Art und Street Art. Ich habe anfangs viel mit Pastellkreiden, Aquarellfarben und Acryl experimentiert. Mich an verschiedenste Materialien herangetastet, mit ihnen gespielt. Und so meine eigene Technik entwickelt. Die Grundlage meiner Arbeiten sind sogenannte Stencil Cuts – jene handwerklich aufwändige Schablonentechnik, mit der viele Street Art Künstler wie z. B. Banksy oder Jef Aerosol arbeiten. Dadurch werden die Motive vorerst stark vereinfacht, in einem weiteren Schritt arbeite ich dann gewisse Details wieder heraus, mit Pinsel, Acrylfarben, Spachteln oder auch Spraydosen.
… und notfalls kommt auch ganz banale Küchenrolle zum Einsatz – wie etwa bei dem Portrait, das du für den Paris Saint-Germain Star Neymar Jr. live bei dessen Geburtstagsparty gefertigt hast.
Das war ein einzigartiges und extrem lehrreiches Erlebnis für mich. Fast surreal. Ich wurde damals gebucht, um auf der Party vor Publikum in nur 6 Stunden ein Portrait des bisher teuersten Fußballers der Welt zu malen. Ein extremer Druck und gleichzeitig natürlich eine Riesenchance. Als ich in Paris gelandet bin, war mein Koffer nicht da. Mit allen Farben und Pinseln drin! Doch ich hatte Glück im Unglück – ein Taxifahrer, der zufällig auch Hobbymaler war, hat mir dann mit Farben und zwei Pinseln ausgeholfen. Und statt gewissen Pinseln habe ich einfach Küchenrolle verwendet. Und es hat funktioniert – das Bild war ein voller Erfolg und Neymar hat jetzt einen Kowalski daheim hängen. Dieser Abend hat nicht nur mein Grundvertrauen in meine Arbeit ungemein gestärkt, sondern auch gezeigt, dass alles zur richtigen Zeit so kommt, wie es kommen soll.
Deine Auftragsbücher sind voll. Daneben unterstützt du Charity-Aktionen, wie etwa den Wings for Life Run, für den du heuer bereits zum zweiten Mal spezielle Laufshirts designt hast. Ein Projekt, das dir am Herzen liegt. Genauso wie die vielen Arbeiten, die du primär für dich selbst malst. Um abzuschalten oder zu dir zu finden. Nach welchen Kriterien suchst du dir deine Motive dabei aus?
Ich möchte, dass meine Bilder ihre Betrachter auf den ersten Blick catchen, zugleich aber eine Botschaft transportieren, Fragen aufwerfen oder zum Nachdenken anregen. Als Künstler habe ich die Möglichkeit – und meiner Meinung nach auch die Pflicht, mich mit unbequemen Dingen auseinanderzusetzen. So ist etwa die Serie Vulnerable Animals entstanden, eine Reihe von Schwarz-Weiß-Bildern gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Tiere, kombiniert mit provokanten Texten. Daneben gibt es aber auch Arbeiten, die zwar weniger kritisch sind, dennoch aber einladen, sie zu interpretieren. Etwa Portraits von Menschen, deren Geschichte mich bewegt, wie David Bowie oder Amy Winehouse. Oder auch meine Superhelden-Serie, an der ich schon seit längerer Zeit arbeite.
Du animierst aber nicht nur mit deinen Bildern selbst zum Nachdenken, sondern auch mit deren Rückseite…
Meine Arbeiten haben immer auch eine B-Seite, wie Schallplatten, und wie auch viele Menschen. Im Gegensatz zur A-Seite, also dem Bild selbst, das ich ganz genau im Kopf habe, bevor ich meine Arbeit beginne, gestalte ich die Rückseite meiner Werke aber extrem intuitiv. Das gibt mir die Möglichkeit, meine Gedanken zu dem Bild mitzuteilen. Oder aber auch, das Motiv auf der Vorderseite zu „entschärfen“.
Wer oder was inspiriert dich?
Mich inspirieren verschiedenste Ereignisse, vom absurden Politiker-Tweet bis zu gesellschaftspolitischen Themen, pointierte Filme, schöne Gedichte und spannende Songtexte. Außerdem gute Gespräche, schöne und spezielle Körper, treffende Werbung und Bücher. Oder auch eine zweideutig interpretierbare Zeitungsheadline. Und natürlich die Arbeiten großartiger Künstler, wie Pejac, Vhils, Jos Pirkner oder Georg Baselitz. Ich bin umgeben von Dingen, die mich inspirieren. Ich habe so viele Ideen im Kopf, die rauswollen. Rausmüssen. Oft muss ich direkt aufpassen, was ich mir reinhole. Damit der Aktenschrank in meinem Kopf nicht übergeht.
Kunst ist dein Leben, immer präsent in dir. Gelingt es da überhaupt, auch einmal abzuschalten?
Interessanterweise nur beim Sporteln. Früher war es so, dass ich in der Malerei den Ausgleich zum bewegungsintensiven Fußball gefunden habe. Sie hat mir Ruhe gegeben. Heute ist es umgekehrt. Nur, wenn ich einem Ball nachlaufe, oder mit dem Snowboard im Tiefschnee unterwegs bin, kann ich abschalten. Ein Strand- oder Wellnessurlaub macht mich eher unruhig – da bin ich mit dem Kopf nur bei meinen Bildern und dreh durch, wenn nichts weitergeht.
Du hast geschafft, was wenige schaffen: in gleich zwei Traumjobs Karriere zu machen. Du lebst inzwischen von deiner Kunst. Der Wert deiner Werke steigt von Jahr zu Jahr, einige werden bereits um mehrere tausend Euro gehandelt. Dennoch bist du ein Mensch, der sich nicht schnell zufrieden gibt mit seiner Arbeit, selbstkritisch ist, und immer nach Verbesserung strebt. Das kommt vielleicht daher, dass es während meiner aktiven Karriere auch fast egal war, was gestern war – entweder musste man es besser machen oder zumindest bestätigen. Bei meinen Bildern habe ich manchmal das Gefühl, es mir selbst beweisen zu müssen, dass ich malen kann. Auch ohne Ausbildung. Deshalb war es mir auch wichtig, einige wirklich gute Portraits zu fertigen. Da kann ich zeigen, was ich technisch draufhab. Auch wenn mir selbst die reduzierten Cuts, die immer die Grundlage meiner Werke bilden, auch extrem gut gefallen. Aber so abstrakt zu arbeiten, erlaube ich mir momentan noch nicht.
Was wünschst du dir für die Zukunft? Wie soll es beruflich weitergehen?
Wenn das Leben ein Wunschkonzert wäre, hätte ich gerne ein größeres Atelier, um an mehreren Bildern einer Serie gleichzeitig und nicht nacheinander arbeiten zu können. Ich möchte mit meiner Kunst noch mehr Leute erreichen und meine Arbeiten stetig verbessern. Ich hoffe, dieser Prozess hört nie auf. Zumindest in meinem Kopf warten schon unzählige Ideen darauf, in den nächsten Jahren endlich umgesetzt zu werden und schon ab Juni gibt‘s ein Kowalski „Projekte“ Kunstbuch.
Infos zum Künstler unter:
www.art-kowalski.com
www.instagram.com/kowalski_artist
Vulnerable Animals Taschenbuch
ISBN 9783754329597