Treffpunkt Vertikale

Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Nicole Stöckl, www.barbaranidetzky.at-kletterhalle Salzburg

Samstags in der Kletterhalle Salzburg. Zwei Kinder versuchen sich gerade mit Papa an einfachen Routen, während Mama 17 Meter hoch in der Wand hängt. Beim Bouldern geben drei Studenten ihrem Spezl in Echtzeit Tipps für den nächsten Tritt. Im Outdoorbereich bereitet sich Nachwuchstalent Annika Stöckl auf ihre nächste Europameisterschaft vor, während neben ihr ein paar Mittfünfziger für den kommenden alpinen Kletterausflug in den Felswänden Arcos trainieren. Ein ganz normales Wochenende eben.

So unterschiedlich die Menschen sind, die sich beim Klettern ein Stelldichein geben, so unterschiedlich sind auch die Möglichkeiten, mit denen man sich in der Wand die Zeit vertreibt. Anfänger und Solisten können nach kurzer Einweisung und mit geliehenem Equipment sofort am Kletterautomaten durchstarten. Kletterpaare trainieren ihre Kraftausdauer an Vorstiegsrouten, bei denen der Partner sichert. Beim Bouldern geht es um Maximalkraft, es wird max. 4 Meter und ohne Sicherung geklettert, Matten dämpfen den Absprung.

Wandern und Klettern lassen sich auf zahlreichen Klettersteigen verbinden, hier sind Stahlseile schon vormontiert. Ohne Kurs ist das aber ebenso ein No-Go wie das Sportklettern am Felsen. Mehrseillängen-Klettern erfordert dann intensivste Vorbereitung. Die Grundtechnik ist überall ähnlich, Präzision trifft auf Kraft und Athletik, damit man den nächsten Griff erreichen kann.

Wetterunabhängig
Die Kletterhalle ist inzwischen mehr als nur Schlechtwetterersatz. Das Image hat sich grundlegend gewandelt. „Vor 10 Jahren bereitete sich der Großteil meiner Kunden nur auf die nächste Felskletterei vor, inzwischen sind 80 % hier, um Hallenklettern und Bouldern zu genießen“, erzählt Stefan Schöndorfer, Eigentümer der Kletterhalle Salzburg. Mit großen kugeligen Griffen und sogenannten Volumes lassen sich Routen setzen, die die Wand wirklich dreidimensional werden lassen und die Gelenkigkeit so richtig herausfordern. Trendige Griffe können schon mal 5000 Euro kosten, für nur eine Route. In der Kletterhalle Salzburg werden 430 Kletter- und Boulderrouten alle 18 Wochen komplett neu gesetzt, so bleibt es abwechslungsreich und absolut
sicher, bei jeder Witterung.

Der Berg ruft
Hat man in der Halle ausreichend Sicherheit gewonnen, ist der Schritt an den Felsen möglich. Hier ist ein Kurs lebenswichtig, auch beim Klettersteig. Bei Wandhöhen, die eine halbe Seillänge übersteigen, spricht man von Mehrseillängen-Klettern. Einer steigt vor, setzt je nach Route Klemmkeile und Friends zur Sicherung, dann kommt der Partner nach, so können höchste Wände erklommen werden. Hier muss die Sicherungstechnik zu 100 % sitzen. „Stürzt der Partner oder kommt nicht über eine schwierige Stelle, muss ich ihn rauf zum nächsten Standplatz bringen, und dann schauen, wie es weitergeht, das kann sehr kräftezehrend sein“, erklärt Lena Leitner und ergänzt: „Je höher man kommt, desto mehr verschwimmen Bergsteigen und Klettern, man überwindet Schneefelder und Gletscher. Das ist die Königsklasse!“

Vertikal Material
Am Material darf man beim Klettern nicht sparen, hängt doch das Leben daran. Zur Grundausstattung gehört nicht viel, ein hochwertiger Klettergurt, ein Paar Kletterschuhe und ein Chalkbag, schon kann‘s mit Bouldern und am Kletterautomaten losgehen. Fürs Vorstiegsklettern kommen dann noch ein Seil, Sicherungsgerät und ein Kurs dazu. Hier eignen sich dynamische Seile bis 40 Meter, die einen hohen Mantelanteil aufweisen, beim Baumarkt bekommt man die nicht. Erst an der Bergwand wird es dann umfangreicher. Seile zwischen 60 und 80 Meter, Expressen und Karabiner und ein Helm gegen Steinschlag. Für den Klettersteig benötigt man außerdem Klettersteighandschuhe, ein Klettersteigset zur Sicherung und sogenannte Approach-Schuhe – Allrounder, die sich für Klettern und Wandern gleichermaßen eignen.

Die besten Spots
Für alle Kletterbegeisterten finden sich in und um Salzburg viele gute Spots. Ganzjährig bieten zahlreiche Kletter- und Boulderhallen ein gutes Angebot. Die ersten Outdoor-Erfahrungen sammeln Kinder an der Müllner Schanze oder Erwachsene am Kletterturm im Sportzentrum Rif. Im Klettergarten Plombergstein kann man sicher seine erste Wand erklettern und Untersberg sowie Hoher Göll laden zu fortgeschrittenen Touren ein. Der Klettersteig City Wall mit Routen für jeden Schwierigkeitsgrad führt von der Linzergasse bis hinauf auf den Kapuzinerberg. Bouldern kann man kostenlos an der Außenwand des Sportzentrum Mitte und für Kinder wurde 2021 im Volksgarten ein toller Klettergarten errichtet.

Wettkampf an der Wand
Hat einen das Kletterfieber so richtig gepackt, gibt es Kletterwettbewerbe für beinahe jede Altersklasse. Salzburgs Nachwuchstalent Annika Stöckl begann den Sport mit fünf Jahren und inzwischen klettert sie im Jugend Welt- und Europacup die Bewerbe Lead, Bouldern und Speed. Hier klettert man immer an Kunstwänden, inzwischen auch bei Olympia. Bei Speed klettern zwei Kontrahenten nebeneinander auf baugleichen Routen. Lead entspricht dem klassischen Vorstiegsklettern, wer in kürzester Zeit am höchsten kommt, gewinnt. Das gleiche Prinzip gilt auch fürs Bouldern.

Die 16-jährige Annika Stöckl ist höchst motiviert. Unter der Woche trainiert sie im Bundesleistungszentrum Innsbruck. „Beim Training pushen wir uns ständig gegenseitig, es ist einfach motivierend, viele Trainingspartner zu haben, die alle ungefähr am selben Level sind“, erzählt Annika und hat dieses Jahr noch viel vor. „Im Jugend-Europacup ist eine Platzierung unter den ersten fünf drinnen“, so die junge Walserin selbstbewusst und rät allen Kindern, mit dem Klettern zu beginnen. „Es macht total viel Spaß und wir brauchen guten Nachwuchs!“