It’s Gin o‘clock

Text: Natalie Zettl

Fotos: Dominik Maier - stock.adobe.com, Brennerei Guglhof GmbH, Alexander Vorderleitner, DenPotisev - istockphoto.com

Herbes Wacholderaroma, begleitet von sanften Zitrusnuancen – frisch und mit einer leichten Restschärfe: Gin ist In-Getränk und zeitloser Purismus in einem.

Die vielseitige Spirituose lässt sich pur oder im Cocktail genießen, hat einen Alkoholgehalt von mindestens 37,5 Volumenprozent und setzt auf Wacholder als Grundzutat.

Der Stammbaum des Gin
Gin kann auf eine lange Geschichte zurück-blicken: In den Niederlanden war der Vorgänger „Genever“ als Mutmacher für die Soldaten im Achtzigjährigen Krieg (1568-1648) bekannt. Später verwendeten die Briten Gin in Kombination mit Tonic als Medikament gegen Malaria. In der heutigen Zeit folgte eine fulminante Renaissance. Dabei ist Gin nicht gleich Gin: Durch den Einsatz von sogenannten Botanicals (zum Beispiel Zimt, Muskatnuss, Zitrone oder Orange) erhält jede Sorte ihr ganz individuelles Aroma.

Die Gin-Familie
Wie viele Gin-Sorten tatsächlich existieren, darüber lässt sich streiten. Die meisten Experten unterscheiden vier Hauptkategorien: Dry Gin, London Dry Gin, Destilled Gin und Sloe Gin. Dry Gin – zum Beispiel der Gin Alpin der
landesältesten Brennerei Guglhof – ist ein trockener Gin, der sich durch eine starke Wacholdernote auszeichnet. „Unser Gin Alpin besteht aus 23 Botanicals“, so Guglhof-Inhaber Anton Vogl. „Das Grundrezept stammt noch von meinem Vater aus den 1930er Jahren. Natürlich habe ich es seitdem verfeinert.“ Beim Dry Gin wird kein Zucker verwendet. Beim London Dry Gin dagegen dürfen maximal 0,1 Gramm süßende Erzeugnisse pro Liter benutzt werden. Unter diese Kategorie fällt zum Beispiel der von Stephan Koudelka gebrannte 5020GIN, bei dem ebenfalls das Wacholderaroma dominiert. „Beim London Dry Gin dürfen keinerlei künstliche Aromen verwendet werden“, erklärt Stephan Koudelka, der seine Brennerei am Rainberg zusammen mit seiner Ehefrau betreibt. „Und nach dem Brennvorgang ist es nicht erlaubt, noch etwas zu verändern.“

Der mit Schlehen versetzte Sloe Gin bewegt sich mit einem Alkoholgehalt von 15 bis 30 Volumenprozent eher in Richtung Likör. Die Bezeichnung „Destilled Gin“ steht strenggenommen nicht für eine bestimmte Sorte, sondern beschreibt alle Gin-Arten, die doppelt destilliert werden.
Zu den Hauptkategorien kommen verschiedene Sorten wie Plymouth Gin oder Old Tom Gin hinzu. Im Guglhof wird seit kurzem Safran Gin gebrannt – dieser besticht durch seine leuchtend gelbe Farbe und ein würziges Aroma.

Gin-Herstellung: ein Überblick
Die Herstellung von Gin lässt sich grob in vier Schritte aufteilen: Mazeration, Destillation, Lagerung und Abfüllung. Im ersten Schritt werden verschiedene Gewürze in ein Gemisch aus Alkohol und Wasser eingelegt – der verwendete Alkohol muss laut Experten landwirtschaftlichen Ursprunges sein. In der Destillation wird das Wasser vom Alkohol getrennt, was bedeutet, dass das Gemisch erhitzt wird und die aromatisierten Dämpfe in der Brennblase aufsteigen. Am oberen Ende der Blase wird der Dampf in eine gekühlte Spirale geleitet, wodurch er wieder flüssig wird. Nach der Destillation besitzt der Gin etwa 85 bis 96 Volumenprozent. In einem dritten Schritt wird der Gin über mehrere Wochen in einem Gefäß gelagert, das keine eigenen Aromastoffe an den Gin abgibt – etwa in einem Glasballon oder einem Stahltank. Anschließend wird der hochprozentige Gin auf Trinkstärke herabgesetzt (einfacher ausgedrückt: mit Wasser verdünnt), in Flaschen abgefüllt und etikettiert.

Grenzenlose Vielfalt
Das wohl beliebteste Gin-Mixgetränk ist Gin Tonic, auf den beispielsweise die Mutter der britischen Regentin, Queen Mum, ihr Leben lang schwor. Stephan Koudelka erklärt, worauf es beim Mischen eines schmackhaften Gin Tonics ankommt: „Erst einmal ist es wichtig, ein leichtes Tonic mit wenig Zucker zu verwenden, das den eigentlichen Geschmack nicht überdeckt. Zudem sollte auf das Mischverhältnis geachtet werden: Ich verwende gerne 6 Centiliter Gin und nicht viel mehr Tonic.“
Aber Gin kann noch mehr: Die Möglichkeiten, ihn für einen Cocktail zu verwenden, sind schier endlos. Kreativ sein lohnt sich!

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Gin selbst ansetzen
Tatsächlich ist es auch ohne Destille möglich, Gin für den Eigengebrauch anzusetzen. Das Ergebnis wird in Fachkreisen als „Bathtub Gin“ bezeichnet. Dazu Wodka in einer Glasflasche mit Wacholderbeeren versetzen. Trocken und lichtgeschützt 24 Stunden lang stehen lassen, zwischendurch mehrmals leicht schütteln. Dann zusätzliche Gewürze nach Geschmack hinzugeben – beliebt sind etwa Koriander, Zitrusschalen und Kardamom.
Erneut 12 bis 15 Stunden stehen lassen. Jetzt wird der Gin gefiltert: Ein Sieb und zwei Kaffeefilter über einer dekorativen Flasche mit einem Trichter platzieren, den Gin langsam einfüllen. Im letzten Schritt nochmals mindestens eine Woche ruhen lassen – dann hat der Gin sein typisches Aroma entfaltet.

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