Herbstliche Magenwärmer
Wenn die Tage kürzer werden und der frische Herbst ins Land zieht, steigt die Sehnsucht nach Wärme, die von innen kommt. Suppen und Eintöpfe vertreiben nicht nur die Kälte aus den Gliedern, sie sind einfach praktisch und g‘schmackig.
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: Dominic Schafflinger, Adobe Stock, Rechenwirt
Die kleinste Küche bietet genügend Raum für den einen Topf, in dem Eintöpfe oder Suppen zubereitet werden. Egal, ob man ein lockeres Essen für Freunde plant oder in Decken gepackt vor dem Fernseher schlemmen möchte. Die Zutaten sind günstig, idealerweise verwendet man Gemüsereste aus dem Kühlschrank. Für gelungene Eintöpfe und Suppen muss man kein Küchenprofi sein, sondern nur ein paar Kniffe kennen.
„Hühnersuppe ist Medizin“
Wenn die erste Erkältung im Herbst naht, ist es Zeit, die Hühnersuppe aufzusetzen. „Schon im alten China wussten die Menschen um die heilende Wirkung dieser Suppe“, erklärt Robert Röck. Der Chef des Landgasthofes Rechenwirt schwört bei Erkältungen auf die klassische Brühe und kennt die richtige Zubereitung. Geschmack und Wirkung kommen nur zur Geltung, wenn man Bio-Zutaten verwendet. Eine Hühnerkarkasse oder ein Suppenhuhn bilden die Hauptzutat. Damit die Brühe klar bleibt, empfiehlt der Küchenmeister, das Fleisch kurz zu blanchieren und kalt abzuspülen. Für zusätzliche Farbe werden Zwiebelhälften in einer Pfanne angeschwärzt. Alle Zutaten kommen dann in einen Topf mit kaltem Wasser. Nach dem langsamen Aufkochen sollte die Suppe lange köcheln, um ihre entzündungshemmende Wirkung zu entfalten und Cystein zu extrahieren. Dieses Protein bekämpft Krankheitserreger und lässt Schleimhäute abschwellen. „Ein Drittel der Flüssigkeit sollte verdampfen“, rät Röck: „Finger weg von Suppenpulver! Gewürzt wird zum Schluss nur mit Salz, Pfeffer und etwas Muskatnuss, damit der wahre Geschmack der Zutaten zur Geltung kommt.“ Wer das mitgekochte Gemüse essen möchte, sollte es nach zwei Stunden Kochzeit entnehmen. Für anspruchsvolle Gäste passiert man die Suppe durch ein Sieb, kocht kurz vor dem Servieren frisches kleingeschnittenes Gemüse und serviert mit Einlage und Liebstöckel.
Auch Gemüsebrühe und kräftige Rindsuppe entstehen auf dieser Basis, wobei Rindsuppe mit Tafelspitz und Knochen länger gekocht werden sollte. Angst, zu viel Suppe zu kochen, braucht niemand zu haben, denn klare Suppen lassen sich hervorragend einfrieren und dienen als Basis für Cremesuppen. Im Eiswürfelsäckchen gefroren, hat man die perfekte Portionsgröße für eine schnelle Natursauce.
Warm und cremig
„Früher hat man Cremesuppen mit Mehl gebunden, weil man an den Zutaten sparte“, sagt Röck. „Heute verwendet man möglichst viel Gemüse und Erdäpfel, sodass die Suppe zur Vitaminbombe wird.“ In Cremesuppen kann fast jedes Gemüse verarbeitet werden, und das Motto lautet: „Keep it simple“. Das Grundrezept ist immer dasselbe: 1/4 Gemüse, 1/4 Wasser oder Gemüsefond, 1/4 Milch und 1/4 Obers. Gemüse mit Zwiebeln anschwitzen, mit Weißwein ablöschen und mit selbstgemachtem Fond aufgießen. Am Ende alles pürieren, Schlagobers und Milch erst zum Schluss dazugeben und nicht mehr aufkochen lassen. Je nach Konsistenz kann mit Wasser oder Fond verlängert werden. Mit Kräutern, Gemüse, Croutons, Ölen oder Nüssen dekorieren – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Vegane Cremesuppen mit Mandelmilch und Cashewsahne passen gut zu Brokkoli, Kürbis oder Linsen. Vegane Sahne ist schnell selbst gemacht: Cashewnüsse über Nacht einweichen, abtropfen lassen und mit frischem Wasser in einem Mixer pürieren, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Im Kühlschrank hält sie bis zu 5 Tage.
Für Kürbis, Mais oder Rote Rübe braucht man keine extra Bindung; bei Kräutern, Pilzen oder Blattgemüse sorgen mehlige Erdäpfel für die richtige Konsistenz. Röck hat einen Geheimtipp: „Risotto als Bindemittel gibt tollen Umami-Geschmack. Einfach in die Suppe geben und pürieren.“ Nicht mehr ganz frischer Rucola eignet sich ebenfalls hervorragend für eine cremige Suppe. Weitere herbstliche Grundzutaten sind Sellerie, Rote Bete oder die ein oder andere alte Gemüsesorte.
Fast vergessen ist die Gelbe Bete. Ihr Fruchtfleisch ist fein und süßlich, die Textur zartschmelzend. Gelbe Bete bekommt man bei ausgewählten Biobauern oder auf Wochenmärkten.
Alles in einen Topf
Eintöpfe verbinden einfache Zubereitung mit Nahrhaftigkeit. Herbst- und Wintergemüse sowie Hülsenfrüchte lassen sich darin gut verarbeiten und versorgen den Körper mit Vitaminen, Mineralien und Ballaststoffen. Wer es deftig mag, findet mit Geselchtem, Speck und Würstchen ideale Einlagen. „Beim Metzger gibt es geselchte Ripperl. Sie werden mit den Linsen mitgekocht und sind ein Hochgenuss“, empfiehlt Küchenprofi Röck, „umgekehrt verleihen Gewürze wie Kurkuma, Chili und Kreuzkümmel Eintöpfen eine orientalische Note.“
Eintöpfe sind perfekt, um den Kühlschrank zu leeren. Laut Röck sind Zwiebeln, Sellerie, Karotten und Kartoffeln ideale Basiszutaten – der Rest ist Geschmackssache.
Linsen sind ideal für Eintöpfe: Sie enthalten pflanzliches Eiweiß, Ballaststoffe und viele Mikronährstoffe. „Linsen sind ein absolutes Powerfood“, erklärt Röck. „Getrocknete Linsen sind gesünder, unbegrenzt haltbar und mit etwas Erfahrung perfekt bissfest zu kochen.“ Für Linseneintopf eignen sich große Tellerlinsen oder feine Berglinsen. Je größer die Linse, desto länger die Einweichzeit. Einweichen macht die Linsen bekömmlicher und halbiert die Kochzeit. Dekoriert wird am Ende mit Balsamico-Glace und Sauerrahm. Da wird einem im kalten Herbst warm ums Herz.
Rezept: Herbstliche Rechenwirt-Kürbiscremesuppe für 4 Personen
Zutaten für 4 Personen:
– 1,5 kg Hokkaido-Kürbis
– 1/2 Zwiebel
– 1 Lauch (nur der weiße Teil wird benötigt)
– 10 g Ingwer
– 2 reife Tomaten
– 1/8 l Weißwein
– 250 ml Gemüsefond
– 250 ml Milch
– 250 ml Sahne
– Butter
– Salz, Pfeffer, Muskatnuss
Zubereitung der Suppe:
Zwiebel, Ingwer und Lauch schneiden. Tomaten kurz blanchieren, Haut abziehen und würfelig schneiden. Kürbis schälen, entkernen und in daumengroße Stücke schneiden. Alles in Butter anschwitzen. Mit Weißwein ablöschen und etwas einreduzieren, dann mit Gemüsefond aufgießen. Kürbis weichkochen, Milch und Sahne hinzugeben und mit dem Stabmixer cremig pürieren. Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken.
Zutaten für das Kürbiskern-Topping:
– 50 g Kürbiskerne
– Prise Salz
– 2-3 EL Kürbiskernöl
Zubereitung des Kürbiskern-Toppings:
Kürbiskerne ohne Öl anrösten, dann mit Kürbiskernöl ablöschen, bis die Mischung leicht schäumt. Heiße Suppe in tiefe Teller oder Schüsseln geben und Topping mit dem Löffel darauf drapieren.
Rezept: Oma Röcks Linseneintopf
Zutaten für 4 Personen:
– 250 g Tellerlinsen
– 1–2 Knoblauchzehen
– 1 Zwiebel
– 1/2 Sellerie
– 1 Karotte
– 1 Gelbe Rübe
– 1 Kartoffel
– 1/8 l Weißwein
– ½ l Gemüsefond
– Vorgekochte Selchripperl vom Metzger
– Gewürze: Pfefferkörner, 2 Wacholderbeeren, Prise Kümmel, Prise Majoran, 2 Lorbeerblätter
– Schuss Aceto Balsamico
Zubereitung:
Linsen über Nacht einweichen. Vor dem Kochen abseihen und abtropfen lassen. Zwiebeln, Knoblauch, Sellerie, Karotten und Kartoffeln schälen (aus der Schale kann gleich wieder Gemüsesuppe gekocht werden) und fein würfeln. In der Zwischenzeit den Gemüsefond aufkochen und mit den Selchripperl auf kleiner Flamme köcheln lassen. Gemüse mit dem Kümmel in Butter anschwitzen, alles mit Weißwein ablöschen, mit Gemüsefond (inkl. Selchripperl) aufgießen und aufkochen lassen. Nun die Linsen gemeinsam mit den restlichen Gewürzen hinzufügen und 20 Minuten auf kleiner Flamme köcheln lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und erst dann einen Schuss dunklen Balsamico hinzugeben. Auf Teller verteilen und mit einem Löffel Sauerrahm oder Crème fraîche und Petersilie dekorieren. Die beste Beilage ist ein ofenfrisches Bauernbrot.