„Du hörst nur deine Atmung und die aufsteigenden Luftblasen.“
Wer davon träumt, mit Fischschwärmen schwerelos durch klares Wasser zu gleiten, muss dafür nicht erst nach Ägypten oder auf die Malediven reisen. Österreichs Gewässer bieten beeindruckende Naturschauspiele und sind ideal, um das Tauchen zu erlernen oder wieder zu entdecken.
Text: Dominic Schafflinger
Fotos: ÖWR LV Salzburg, Dive2
„In Österreichs Gewässern kann man wahre Tauchoffenbarungen erleben. Das Wasser ist oft glasklar, im flachen Bereich gibt es abwechslungsreichen Bewuchs und man findet Barsche, Saiblinge und riesige Hechte,“ erzählt Gerhard Kirchgasser. Der erfahrene Radstädter Tauchlehrer ist überzeugt, dass die heimischen Seen nicht nur für Anfänger geeignet sind, sondern auch für erfahrene Meerestaucher eine neue Erfahrung bieten können. Das Tauchen in Österreich ist herausfordernder als am Meer. Unsere Gebirgsseen sind kälter, man benötigt mehr Ausrüstung und die Sicht ist nicht immer perfekt.
Aller Anfang ist nicht schwer
Auch wenn man sich an Land mit Pressluftflasche und Flossen eher wie ein übergewichtiger Pinguin fühlt, ist Tauchen im Wasser ziemlich intuitiv und auch das Atmen mit dem Atemregler keine Raketenwissenschaft. Schon beim Schnuppertauchen im Schwimmbad bekommt der Anfänger sofort einen Eindruck, ob das Tauchen zur Leidenschaft wird, oder Leiden schafft. Für die meisten ist Ersteres der Fall. Der wirkliche Einstieg ins Sporttauchen ist dann aber der Open Water Diver. „Hier lernt man die grundlegenden Regeln des Tauchens und ist berechtigt, bis 18 Meter tief hinunterzugehen. Ich empfehle immer, Kurs und Tauchuntersuchung rechtzeitig in Österreich zu machen, denn hier ist die Ausbildung am besten und die Bedingungen sind komplexer, so ist man auch im Meer immer sicher unterwegs,“ ist sich Gerhard Kirchgasser nach 20 Jahren Unterrichtserfahrung als Tauchlehrer sicher. So kann man auf der Fernreise mit dem weltweit gültigen Open Water Tauchschein direkt lostauchen.
Mystische Unterwasserwelt
Fast alle Seen in Österreich bieten ihren eigenen Reiz. Im Gosausee gibt es wunderschöne Steilwände mit faszinierenden Lichtspielen. „Der Gosausee ist unglaublich mystisch, weshalb er einer meiner Lieblingsseen ist“, erklärt Kirchgasser lächelnd: „Taucht man in die Tiefe ab, wird es intensiv dunkelgrün. Beim Auftauchen sieht man die Sonne wie einen runden Ball im Wasser. An guten Tagen kann man sogar die Wanderer sehen, die winken dann runter und du winkst zurück, aus einer anderen Welt.“ Aber auch Attersee, Erlaufsee oder Traunsee bieten im flachen Bereich bis 8 Meter traumhafte Genusstauchgänge. Zu sehen gibt es viele Pflanzen und unzählige Fische, die sich mit Vorliebe in dieser Tiefe aufhalten. „Am Attersee muss man nur aufpassen, weil er bis weit unten extrem hell ist, da übersieht man leicht die Tiefe“, so der Tauchexperte.
Ein völlig anderes Unterwassererlebnis sind Flusslandschaften. Die oberösterreichische Traun bietet viele Flusstauchbasen. Das klare Wasser erlaubt extrem gute Sichtweiten. Ist man vorsichtig, kann man die Forellen sogar streicheln, weil Taucher nicht ins instinktive Feindbild der Tiere passen. Man gleitet vorbei an Baumstümpfen, Wurzeln und Unterschwemmungen, entdeckt alte römische Mauern und bewundert Flusskrebse, Hechte und Huchen, wobei es selten tiefer als zwei Meter wird. „Das ist ein einzigartiges Erlebnis. Aber Flusstauchen ist ein kalter Spaß“, lacht Gerhard Kirchgasser.
Tauchen im Einklang mit der Natur
Wer taucht, hat aber auch eine Verantwortung für die Natur, denn die will man ja noch möglichst lange bewundern. Respektvolle Taucher halten sich an die Einstiegsplätze, berühren den Boden nicht und entsorgen ihren Müll. Kippt das Ökosystem, muss der See für Taucher gesperrt werden, wie der Grüner See in der Steiermark. „Das war einer der schönsten Gewässer zum Tauchen, bis Hollywoodstar Ashton Kutcher kam und den See zum Tauchen empfahl. Dann waren da auf einmal jeden Tag 500 bis 1000 Leute im Wasser. Da war so viel los, ich hab geglaubt, ich kann, so wie der Jesus übers Wasser spaziert ist, einfach über die Taucher drüber laufen, ohne nass zu werden“, erinnert sich Naturliebhaber Kirchgasser wehmütig und bringt auf den Punkt, warum er das Tauchen so liebt: „Es ist wie Meditation, man ist völlig bei sich selbst, der Umgebungslärm verschwindet, du hörst nur deine Atmung und die aufsteigenden Luftblasen. So beobachtet man in Ruhe die Natur und die magischen Lichtspiegelungen. Letztendlich ist da auch der stille Zusammenhalt mit dem Tauchpartner. Es ist eine Wunderwelt unter Wasser.“
„Allein tauchen ist ein No-Go, Tauchen ist ein Buddy Sport.“
Daniel Bischof, Österreichische Wasserrettung Salzburg, Landesreferent für Tauchen, im Interview
Warum sind manche Seen fürs Tauchen gesperrt?
Speicherseen sind aufgrund der Energieerzeugung durch Turbinen und die Änderung der Durchlaufgeschwindigkeit lebensgefährlich. Laichschongebiete von geschützten Fischarten und Randbewuchs mit gefährdeten Vögeln sind zusätzliche Gründe, Seen für Tauchgänge zu sperren. Auf der Website der ARGE Tauchen erfährt man, wo man tauchen darf.
Welche Tauchunfälle beschäftigen die Wasserrettung am meisten?
In Salzburger Seen wird sehr sicher getaucht. Gesundheitliche Gebrechen unter Wasser führen aber immer wieder zu Einsätzen. Ist der Betroffene an der Oberfläche, kann schnell Erste Hilfe geleistet werden. Wir können auch immer zeitnah auf Dekompressionskammern zugreifen.
Wie sollte sich ein verantwortungsvoller Taucher verhalten?
Ruhig bleiben, denken und dann handeln. Probleme können immer auftreten, aber zu zweit kann das meiste gelöst werden.
Wir freuen uns immer über Hobby-Taucher, die gerne die Wasserrettung unterstützen und die Prüfung zum Einsatztaucher machen wollen.