
Dem Genuss auf der Spur
Text: Doris Thallinger
Fotos: Mike Vogl, www.vogl-perspektive.at
Kroatien hat sich als Urlaubsland längst einen Platz ganz oben auf der Favoritenliste gesichert. Und denkt man dabei auch vorwiegend an Sonne, Strand, Meer und typischen Sommerurlaub, dann, ja dann darf man sich noch einmal überraschen lassen, von diesem unglaublich vielseitigen Land.
Insbesondere das nördlich gelegene Istrien bietet neben Meer und Sonne, unterschiedlichsten Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten etwas ganz Besonderes: nämlich Feinstes für den Gaumen und echte Hotspots für Genießer und Gourmets. Und schon aus diesem Grund sollte man Istrien mit seinen Schätzen durchaus – auch außerhalb der Hauptsaison – für einen Kurztrip oder einen Ausflug übers verlängerte Wochenende ins Auge fassen.
Fischerstädtchen mit Charme
Als Ausgangspunkt für die Genussreise empfiehlt sich – schon allein wegen des Flairs – ein Ort am Meer. Mit dem Fischerörtchen Novigrad haben wir den idealen Standort gefunden. Vor allem außerhalb der Hauptsaison besticht Novigrad als idyllisches Fleckchen Erde, an dem die Welt noch in Ordnung scheint: Reges Treiben herrscht in den Morgenstunden am Hafen, wenn die Fischer von ihren Ausfahrten heimkehren und nicht selten ihren Fang gleich vom Boot aus verkaufen. Beim Spaziergang durch die Gassen sticht bald das (heimliche) Wahrzeichen Novigrads ins Auge: der alleinstehende Glockenturm der Pfarrkirche des Hl. Pelagius und des Hl. Maximus. In der Kirche ist die Krypta zu besichtigen, übrigens die einzige frühromanische Krypta Istriens. Auch die zum Teil gut erhaltenen Stadtmauern zeugen noch vom venezianischen Erbe und der langen Geschichte der Stadt.
Novigrad ist ein Ort zum Schlendern, zum Genießen. Die Gässchen sind gesäumt von kleinen Boutiquen und Feinkost-Läden, von Vinotheken und Souvenirläden. Gemütliche Cafés, kleine Weinbars und Konobas sind vor allem in der Hafengegend zu finden. So auch die Konoba Cok: Hier kann man sich sprichwörtlich die Herrlichkeiten des Meeres auf der Zunge zergehen lassen. Sensationelle Küche, die man, in dem nach außen hin eher unscheinbar wirkenden Restaurant, vielleicht auf den ersten Blick gar nicht vermutet. Am besten hält man sich an die Empfehlungen des Chefs Viljan Jugovac, er weiß definitiv, womit er seine Gäste glücklich machen kann! Wer nach Fischplatte, Jakobsmuscheln, fangfrischem Fisch und Co noch ein wenig Platz im Magen hat, sollte sich die selbst kreierten Torten von Chefin Vilma Jugovac auf keinen Fall entgehen lassen!
Nur wenige Schritte vom Cok entfernt liegt das Hotel Villa Cittar, das insbesondere durch seine Lage punktet. Ruhig gelegen sind es dennoch nur ein paar Geh-Minuten zum Hafen sowie zu einem der Badestrände.
Der Glockenturm, Wahrzeichen von Novigrad Genuss und mehr: die Konoba Nono bietet auch viel fürs Auge
Von der Küste ins Hinterland
Doch so sehr uns das Meer reizt (inklusive seiner essbaren Bewohner), die Wege auf den Spuren des Genusses führen uns ins Landesinnere. Die Landschaft erinnert an unsere Breitengrade, sehr grün, viele Flüsse und Wälder bestimmen das Bild. Gepaart mit viel Sonnenschein findet sich hier der perfekte Nährboden für allerlei kulinarische Besonderheiten.
Hier wachsen, gedeihen und entstehen die Schätze, die für uns höchsten Genuss bedeuten, darunter (im wahrsten Sinne) ausgezeichnetes Olivenöl, Weine, die es mit internationalen Top-Weinen aufnehmen können – und, last but not least: die Trüffel!
Wertvolle Knolle
„Schu, schu!“ sind die leisen Kommandos zu hören, die Trüffeljägerin Daniela Puh gibt. Und Trüffelspürnase „Biba“ weiß genau, was zu tun ist. Aufgeregt durchforstet sie den Wald nach Trüffeln, die Nase immer am Boden. Biba ist einer von sechs Hunden, die für Daniela und Natura Tartufi die kostbaren Knollen erschnüffeln. Wird Biba fündig, macht sie – zwar aufgeregt, aber dennoch – Platz, damit Daniela mit einer eigens angefertigten Schaufel die Trüffel „heben“ kann. Trüffel fürs Frauchen, Leckerli für den Hund. Schon in vierter Generation betreiben die Familien von Daniela Puh und ihrem Mann die Trüffelsuche in der Gegend. Anfangs noch mit Tür-zu-Tür-Verkauf. Ihre Mutter, so erzählt Daniela, habe sich bereits als kleines Kind ihr Taschengeld mit gefundenen Trüffeln verdient. Und genau mit der dürfen auch wir uns nun auf Trüffeljagd begeben. Bergauf, bergab, durch Schlamm und Bäche – Gott sei Dank vorab mit Gummistiefeln ausgestattet. Währenddessen erfahren wir so einiges Wissenswertes über Trüffel, die Suche danach und auch über die Tätigkeit eines Trüffeljägers. Tatsächlich zählt Istrien zu den wichtigsten Fundgebieten der Trüffel in ganz Europa. Rund 160 unterschiedliche Sorten wachsen weltweit, nur neun Sorten sind genießbar – und von diesen wachsen fünf in Istrien, wie hier im Tal der Mirna.
Von der Suche zur Vollendung
Die frische Trüffel verliert rasch an Geschmack und sollte entsprechend bald verzehrt werden. Um sich selbst und auch ihre Kunden das ganze Jahr über mit dem feinen Geschmack zu erfreuen, hat Natura Tartufi bereits 1992 begonnen, Trüffel weiter zu verarbeiten. Heute umfasst das Sortiment mehr als 20 Produkte, von eingelegten Trüffeln über unterschiedlichste Mischungen mit anderen Pilzen, Oliven oder Tomaten, Tagliatelle bis hin zu Trüffelöl, getrüffelter Wurst und Käse. Besonders spannend: Trüffelbier und Trüffelchips! Auch die süßen Variationen sorgen für Überraschungen – im positivsten Sinne: Vanilleeis mit Trüffelhonig und geriebener Trüffel, getrüffelte Kakaokekse.
Gastgeber Edi Prodan mit der berühmten Nono-Torte Trüffelsucherin Daniela Puh mit Spürnase Biba
Kostbare Knolle, goldenes Öl
Gar nicht weit entfernt von Natura Tartufi, in Livade, gelangen wir schon zur nächsten Kostbarkeit. Golden, von satter Farbe, glänzend und schwer – wie flüssiges Gold wirkt das Olivenöl aus Istrien, der besten Olivenölregion der Welt. Und das behaupten nicht einmal die Istrianer selbst – nein, die „Olivenöl-Bibel“ FLOS OLEI 2018 hat Istrien an die Spitze gesetzt (übrigens herausgegeben von Italienern!). Eines dieser prämierten Öle stammt aus dem Hause Ipša. Wie erfolgreich ihre Olivenöle einmal sein würden, hatten sich Klaudio und Irena Ipša wohl nicht gedacht, als sie vor 20 Jahren die alten Olivenhaine der Familie mit 1.000 Ölbäumen neu bepflanzten und kultivierten. Jede Olive wird von Hand gepflückt und noch am Tag der Ernte weiterverarbeitet. Die Ernte findet stets im Oktober statt, wenn die Frucht beginnt, ihre Farbe zu wechseln. Denn darauf kommt es an: die frühe Ernte, rasche Verarbeitung, perfekte Lagerung und Sortenreinheit. Aber genug der Theorie! Uns Genießern geht es ja schließlich ums Endprodukt, das Öl – und das wartet schon darauf, verkostet zu werden. Leicht angewärmt durch die Hände verströmt es seinen feinen Duft nach frisch gemähtem Gras, Kräutern und Sonne. Und genauso schmeckt es auch: würzig, pfeffrig, authentisch, gehaltvoll, ehrlich. Zusätzlich hat sich die Familie, auf Betreiben des Sohns Ivan, dem Weinanbau verschrieben. 2017 wurden bereits 11.000 Flaschen „Natural Wine“ abgefüllt.
Apropos Wein
Die Weinkultur Istriens ist nämlich nicht zu unterschätzen! Ein Paradebetrieb ist das Design-Weingut Kozlović. Vor allem in den vergangenen 25 Jahren ist man dazu übergegangen, weniger Wein zu produzieren, dafür aber das Augenmerk auf höchste Qualität zu legen. Ein Großteil der Weine repräsentiert den Geschmack von Istrien: mit Malvazija, Istrianer, Muškat und Teran als regionale, autochthone Rebsorten. Internationale Weine wie Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon und Merlot runden das Programm in bester Qualität ab.
Ebenso wichtig wie die Qualität des Weins ist es der Familie Kozlović, ihren Gästen und Besuchern die Philosophie und die Kultur des Weinguts und das Wissen um den Wein näher zu bringen, mit Weinverkostungen und Präsentationen, Führungen durch das Weingut samt Kellerei bis hin zum Picknick in den Weingärten oder dem Private Dinner im duftenden Garten, der – am Dach des modernen Weinguts gelegen – einen fabelhaften Ausblick auf die Weinberge bietet.
Genuss Hot Spots
Diese Weinberge bilden die Kulisse für die Top-Konoba Stari Podrum. Mira Zrnic hält als Küchenchefin das Zepter fest in der Hand, während ihr Mann für die frischesten Zutaten aus Garten, Wald und Natur sorgt und die Tochter sich um die Gäste kümmert. Auch hier spielen Trüffel eine wesentliche Rolle – wer die getrüffelten Steaks vom offenen Feuer probiert, weiß, was das kulinarische Paradies ist. Wobei auch die anderen Speisen dem Geschmackserlebnis um nichts nachstehen.
Zu Gast bei Freunden
Wenn die Tür aufgeht zur Konoba Astarea (zwischen Umag und Novigrad), dann tut sich was. Hier werden die Gäste begrüßt wie Freunde – wahrscheinlich weil sie es zum Teil auch tatsächlich sind. Denn wer einmal hierher kommt, geht als Freund – und kommt garantiert wieder. Einheimische wie Touristen. Es ist der Charme der Besitzer Alma und Nino Kernjus, der die Gäste vom ersten Augenblick für sie einnimmt. Speisekarten werden hier nicht gebraucht. Nino weiß genau, was seine Gäste lieben werden und bestimmt für jeden Tisch seine individuelle Speisenabfolge. Gegrillt, gekocht, gebraten und sogar geschmort wird am riesigen offenen Kamingrill: Fisch, Fleisch, Meeresfrüchte, Muscheln, Kartoffel und Gemüse, Brot, Pasta, Risotto… was das Schlemmerherz begehrt.
In der Nähe von Umag findet sich ein weiteres kulinarisches Herzstück Istriens: die Konoba Nono. Fast mutet das Restaurant wie ein kleines Museum an. Mit einer unglaublichen Liebe zum Detail sind die unterschiedlichen Gasträume eingerichtet und dekoriert. Bewundert man in der einen Ecke verschiedenste antike Werkzeuge oder Kochgeschirr, präsentieren sich im nächsten Raum Sammlungen alter Kameras, Kaffeemühlen, Vespa Modellen, Uhren u.v.m. Man kommt tatsächlich aus dem Schauen und Staunen nicht mehr heraus – dabei sollte man aber auf keinen Fall aufs Essen und Genießen vergessen! Ob Fisch, Fleisch, Pasta, Veggie-Gerichte oder Meeresfrüchte – alles ein Genuss.
Wichtig: Unbedingt noch etwas Appetit fürs Dessert übrig lassen! Spezialität des Hauses ist die berühmte Nono-Torte, aber auch das köstliche Tiramisu sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen!
Nino und Alma Kernjus verbreiten Lebensfreude in ihrer Konoba Astarea Design-Weingut Kozlovic