Chronisch gestresst?
Auswirkungen von chronischem Stress und wie man gegensteuern lernt.
Laut Weltgesundheitsorganisation WHO ist Stress eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts. Wird dieser chronisch, kann er massive Auswirkungen auf den Körper, die Psyche und das soziale Umfeld haben. Die Salzburger Ärztin Dr. Gabi Piro hat sich daher mit ihrem „Medical Coaching” auch auf das Thema Stressmanagement und Burnout Prophylaxe fokussiert. In ihrer Praxis im Salzburger Stadtteil Gneis bietet sie neben Coaching und Resilienztraining auch psychosomatische Medizin an. Im Gespräch mit der SALZBURGERIN erklärt sie, was Stress mit unserem Körper macht, welche Folgen das auf das Leben hat und wie man lernt, besser damit umzugehen.
Frau Dr. Piro, der Faktor Stress ist heute in aller Munde und zählt zu den größten Bedrohungen für unsere Gesundheit. Aber was ist Gesundheit überhaupt?
Dr. Gabi Piro: Laut Definition der WHO aus dem Jahr 1948 ist Gesundheit ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen. Wir sprechen dabei also von der Gesamtheit des körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens. Das heißt, alles, was die Gesundheit beeinträchtigt – ob körperlich, seelisch oder sozial – beeinflusst sich wechselseitig.
Wie wirkt sich chronischer Stress auf den Menschen aus?
Durch eine dauerhaft erhöhte Anspannung und den Anstieg der Stresshormone braucht der Körper mehr Energie und kann sich nicht mehr so gut regenerieren. Erste Anzeichen für einen Einbruch dieser Anspannung, typischerweise an Wochenenden oder im Urlaub, sind erhöhte Infektanfälligkeit, Abgeschlagenheit, Verspannungen, Kopfschmerzen, aber auch innere Ruhelosigkeit und Schlafstörungen. Weitere Folgeerscheinungen reichen von Antriebsschwäche, Herz-Kreislauf- sowie Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu Diabetes Typ II oder Störungen der Sexualfunktion. Auch Schwindelattacken, Ohrgeräusche oder ein Hörsturz können auftreten.
Und wie sieht es auf psychischer Ebene aus?
Da sehen wir einen phasenhaften Verlauf. Meist überwiegt anfänglich die Hyperaktivität. Allmählich fühlt man sich chronisch müde und erschöpft. Konzentrationsstörungen und Antriebslosigkeit kommen hinzu. Man ist zunehmend reizbar, desinteressiert; das Aggressionslevel steigt, das Einfühlungsvermögen sinkt. Um diesem hohen Anspannungslevel zu „entkommen“, greifen viele zu falschen Entspannungsmitteln wie Alkohol oder Medikamenten, sogar bis hin zu Drogen. Schließlich folgen Selbstvorwürfe, Existenzängste bis hin zur Depression, das Gefühl im Leben versagt zu haben.
Damit wird auch das Verhalten gegenüber seinem sozialen Umfeld beeinflusst?
Ja genau – in der ersten Phase der Hyperaktivität werden ja meist die eigenen Bedürfnisse verleugnet oder „overruled“. Allmählich schränkt man dann die sozialen Kontakte ein, man vernachlässigt Freunde und Familie, aber auch Hobbies und sogar der Urlaub kann zum Stress werden. Konflikte häufen sich – sowohl familiär als auch beruflich. Die Folgen reichen von wiederkehrenden Krankenständen bis hin zu Jobverlust, von zunehmendem Rückzug bis hin zu sozialer Isolierung.
Aber warum wird der eine vom Stress krank und der andere nicht?
Stress entsteht, wenn man sich persönlich von einer Situation überfordert fühlt und sich nicht in der Lage sieht, diese zu bewältigen. Kurzum: Das Stressempfinden ist individuell sehr unterschiedlich. Persönliche Ressourcen und Bewältigungsstrategien wie zum Beispiel ein stabiles Familienleben, ein gutes soziales Umfeld, Sport, soziales Engagement, können helfen gegenzusteuern. Fehlen solche Ressourcen, kann die Situation schnell als bedrohlich empfunden werden.
Wo setzen Sie hier mit Ihrer Arbeit an?
Am Anfang steht zunächst immer eine genaue Stressanalyse, wie Stress subjektiv erlebt wird, welche Stressoren wirken und welche individuellen Bewältigungsstrategien man einsetzt. In der Folge geht es dann darum, Ressourcen aufzubauen und die persönliche Widerstandskraft (Resilienz) zu stärken. Sich entspannen zu können steht am Anfang. Hier sind die „Anti-Stress-Instrumente“ unterschiedlich. Dem einen helfen Atemtechniken, der andere nutzt autogenes Training oder profitiert von medizinischer Hypnose. Eine wichtige Erkenntnis auf dem Weg, dem Stress den Garaus zu machen ist, sich selbst besser abzugrenzen. Hier zeige ich den Patient:innen, wie sie negative Glaubenssätze und stressverstärkende Gedanken abbauen können. Zudem üben wir passende Resilienzübungen. Der Aufbau positiver Glaubenssätze, Selbstbeobachtung, Achtsamkeit – die eigenen Bedürfnisse wieder wahrzunehmen, helfen dabei, den eigenen Umgang mit Belastungen zu verändern und Möglichkeiten zu finden, stressigen Situationen entgegenzuwirken.
PMC – Piro Medical Coaching
Dr. Gabi Piro
+43 (0) 676-6257865 | gabi@piro-mc.at
www.piro-mc.at
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Fotos: © Kirchberger, Piro