Alles curly, oder was?!

Text: Natalie Zettl

Fotos: Armin Rainer

Als Lockenmädchen, oder neudeutsch „Curly Girl“, beschäftige ich mich seit meiner Kindheit mit meinen Haaren; allerdings nicht in dem Sinne, dass ich täglich mehrere Stunden mit Styling verbringen würde – nein, glücklicherweise fallen Locken auch ohne großen Aufwand meistens ganz schön. Wichtig: meistens. Und nur mit der richtigen Pflege.

Noch immer bin ich nicht jeden Tag „naturlockig“ unterwegs – je nach Laune glätte ich meine Mähne hin und wieder ganz gerne. Inzwischen habe ich meine Lockenmähne lieben gelernt. Als Kind jedoch war der Kampf mit der Frisur Bestandteil meines Aufwachsens. Umso mehr Grund, anderen Lockenmädchen das nötige Know-how mit auf den geringelten Weg zu geben – denn Locken können wunderschön sein, wenn man mit ihnen und ihrer Energie umzugehen weiß.

Lockentypen und ihre Pflegeeigenheiten
Weisheit Nummer Eins, die man als „Curly Girl“ kennen sollte: Locken sind nicht gleich Locken. Es gibt verschiedene Lockentypen, die sich sowohl im Aussehen als auch im Anfühlen unterscheiden und die man richtig pflegen und stylen sollte. Im Wesentlichen sind das (neben dem glatten Haar – Typ 1):

Typ 2 – Welliges Haar
Welliges Haar ist noch relativ nahe am glatten Haar und zeichnet sich daher oft durch einen schönen Glanz aus. Die Wellen haben ohne das richtige Styling wenig Sprungkraft – dafür kann man mit einigen einfachen Methoden (wie beispielsweise die Plopping-Trocknungsmethode, mit der die Haare in einen Turban „geploppt“ und nahe an der Kopfhaut getrocknet werden) Traumlocken zaubern. Je nachdem, wie stark die Welle ist, wird zwischen 2a, 2b und 2c unterschieden.

Typ 3 – Lockiges Haar
Typ 3 ist das typische „Curly“ Hair, das im Styling schon gerne etwas widerspenstig ist. Die Locken haben viel Sprungkraft, neigen aber zu Frizz und wirken ohne Styling oftmals undefiniert. Mit der richtigen Pflege verwandeln sie sich jedoch in eine positiv wilde Mähne. Typ 3a definiert sich durch viele große Locken, Typ 3b durch kleinere und Typ 3c durch enge, aber voluminöse Korkenzieherlocken.

Typ 4 – Krauses Haar
Von allen Locken ist krauses Haar der anspruchsvollste Typ. Oft wollen die Locken nicht lang werden – dies kann jedoch mit der richtigen Pflege und einem professionellen Schnitt gelingen und die außergewöhnliche Optik sorgt dann für viel Bewunderung. Nährendes und mildes Shampoo ist die Schlüssel-Essenz für krauses Haar. Typ 4a hat kleine, s-förmige, eng beieinander liegende, Typ 4b dagegen wenig definierte, z-förmige Locken. Typ 4c zieht sich um bis zu 75 % der Gesamtlänge zusammen, es ist kaum eine Definition erkennbar.
Übrigens: Fun Fact am Rande: Locken wachsen bereits gedreht aus der Haarwurzel!

Pflege ist die halbe Locke
Abgesehen von einem professionellen Lockenschnitt brauchen geringelte Haare viel Pflege – und zwar eine spezielle: Waschen sollte man mit einem milden Shampoo auf Zuckertensid-Basis (mit wenig Waschtensiden), das man am besten mit etwas Wasser verdünnt und nur in den Haaransatz einarbeitet. Nach dem Waschen wird das Haar mit dem Handtuch getrocknet und mit einem Lockenspray aktiviert. Beim Föhnen gilt: „Lockiges Haar sollte unbedingt mit dem Diffuser-Aufsatz geföhnt werden“, so Sabrina Kaufmann. „So wird die Locke nicht von übermäßigem Wind zerrissen.“ Anschließend werden die Haare über den Kopf nach unten gehängt und eine Lockencreme eingearbeitet. Die Technik dabei: „Man knetet die Locken tendenziell nach oben – hin zum Kopf“, erklärt Sabrina Kaufmann.

Der verflixte zweite Tag
Jedes Curly Girl kennt es: Direkt nach dem Waschen ringelt und bauscht sich die Lockenpracht geradezu traumhaft – aber bereits am zweiten Tag hat es sich ausgeträumt: Die Haare hängen und stehen in die unterschiedlichsten Richtungen. Frizz hallo, schöne Frisur adieu! Abhilfe schafft laut Sabrina Kaufmann die erneute Verwendung des Lockensprays – im Zweifel funktioniert auch Wasser oder eine Wasser-Apfelessig-Mischung, die ins Haar gesprüht wird. Anschließend werden die Locken mit Lockencreme wieder in Form geknetet. Dazu ein Tipp von Sabrina Kaufmann: „Lockencreme darf man gerne mehrmals pro Woche verwenden. Denn: Feuchtigkeit ist der Schlüssel zur schönen Locke.“
Fazit: Locken sind wunderschön, wenn man ihnen erlaubt, sich zu entfalten. Sie strahlen Power und Energie aus und fallen einfach auf. Man kann sie unterstützen (mit einem professionellen Schnitt, passender Pflege und einem guten Styling), aber man sollte sie nicht behandeln wie glattes Haar. Schließlich schmiert man auch nicht einfach eine Fettcreme auf jeden Hauttyp.

Selbstversuch

Weisheit Nummer Zwei: Ohne den richtigen Schnitt geht gar nichts. Und mit richtig meine ich: einen Schnitt speziell für Locken. Ja, den gibt es. Während des Lockdowns I, II und III habe ich – wie die meisten anderen – meine Haare selbst geschnitten. Jetzt begebe ich mich in die fähigen Hände von Sabrina Kaufmann: Die Mitinhaberin des Salons Hairdesign Kaufmann kennt sich mit Locken bestens aus und stylt zahlreiche glückliche Curly Girls mit dem sogenannten Calligraphy Cut: Die spezielle Klinge schneidet das Haar schräg ab und aktiviert dadurch die Locken.

Als ich fertig gestylt vor dem Spiegel sitze, staune ich tatsächlich selbst, wie sehr sich meine Locken auf einmal ringeln – ich bin stolze Besitzerin einer Löwenmähne!

Die schlimmsten Lockensünden …

… zum NICHT Ausprobieren (und was man stattdessen tun kann)

Bitte nicht im trockenen Zustand auskämmen. Und nicht falsch pflegen. Dieser Absatz richtet sich nicht nur an Lockenmädchen selbst, sondern auch an (glatthaarige) Mütter mit lockigen Töchtern – diese Kombi existiert auch in meiner Familie.

Locken-(Tod-)Sünden können dafür sorgen, dass Mädchen in der Schule gehänselt und mit unschönen Spitznamen wie „Hexe“ belegt werden (ja, auch ich als Kind). Das einzig Gute daran: Es stärkt definitiv den Charakter. Aber das geht ja vielleicht auch anders. Ich möchte daher ausdrücklich vor folgenden Handlungen warnen:

Auskämmen im trockenen Zustand
Man sollte Locken einfach nicht im trockenen Zustand kämmen – schon gar nicht mit einer „normalen“ Bürste. Tut man es doch, so wird aus der gekringelten Mähne flugs ein Besen – und das Drama ist vorprogrammiert. Besser: Nur im nassen Zustand nach dem Waschen kämmen. Maximal darf sehr vorsichtig mit einem grobzahnigen Lockenkamm gearbeitet werden. Aber im Idealfall kämmt man gar nicht bis zur nächsten Haarwäsche.

Falsch pflegen und schneiden
Locken brauchen nährende Shampoos und spezielle Spülungen – auch eine Haarmaske für Locken schadet ab und an nicht. Nach der Haarwäsche darf je nach Haartyp Lockencreme, -schaum oder -öl nicht fehlen. Feuchtigkeit ist das Stichwort – so wird Spliss, Haarbruch und Frizz verhindert und die Lockenpracht erstrahlt in zauberhaftem Glanz. Auch ein spezieller Lockenschnitt beim versierten Friseur ist empfehlenswert!

Ständig in fremde Formen pressen
Glätten? Ja, gerne. Manchmal. Nicht zu oft. Denn das „Glattpressen“ von lockigem Haar ist immer mit viel Hitze verbunden – und diese macht das Haar langsam, aber todsicher trocken, splissig und kaputt. Wie sagte ein von mir sehr geschätzter junger Friseur, als ich das erste Mal (mit geglätteten Haaren) bei ihm auftauchte und mich über meinen massiven Haarbruch beschwerte: „Wenn du da jeden Tag mit 160 Grad drüber brennst, darfst du dich wirklich nicht wundern.“ Außerdem wäre es doch schade, die Energie der eigenen Locken so zu zähmen – immerhin liebt jede Löwin eine prachtvolle Mähne.